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Journalisten, einigt Euch!

Es ist offenbar nun mal nicht die Aufgabe der Journalisten, die Suppe zu loben. Viel lieber suchen sie nach dem Haar darin. Darüber können sie sich dann aufhalten, es zu einem dicken Zopf skandalisieren und es derart in den Mittelpunkt rücken, dass von der Suppe keine Spur mehr bleibt. Besonders gerne spielen die Journalisten dieses Spiel bei den Apothekern. Die können tun, was sie wollen, es ist nie recht. Da regt sich Markus Reich in der Glückspost darüber auf, dass ihm beim Kauf eines Medikamentes Fragen gestellt werden. Wenig später wettert im K-Tip Marco Diener, dass ihn keiner fragt, ob er ein Generikum haben möchte. Ja, was jetzt? Eine Replik, bei der zur Abwechslung die Suppe im Mittelpunkt steht.


Ziemlich hässig konstatierte Markus Reich vor einigen Monaten in der Glückspost: «Ob ich ein harmloses Kopfschmerzmittel oder ein noch harmloseres Aspirin verlangte. Jedes Mal musste ich mir einen Fragenkatalog gefallen lassen wie: ‚Kennen Sie das Produkt? Ist es für Sie? Welche Medikamente nehmen Sie sonst noch?’» Er stamme nicht aus «Dusslikon» und sei «als Konsument durchaus in der Lage und willens, eine Packungsbeilage zu lesen». Kurz, das «Gefrögel» gehe ihm auf die Nerven. Schliesslich warne ihn im CD-Laden auch niemand davor, dass er einen Hörschaden davontragen könnte, wenn er die Madonna-CD zu laut abspiele.
Das, lieber Markus Reich, ist eine akzeptable Haltung. Zu der Sie hoffentlich auch dann noch stehen, wenn Ihnen das Aspirin aus irgendeinem Grund einmal nicht so gut bekommen sollte. Wenn Sie dann bereit sind zu sagen: «Ich weiss, dass jedes Medikament mit einem gewissen Risiko verbunden sein kann. Das stand so im Packungsprospekt. Jetzt hatte ich einmal Pech. Aber ich bin froh, dass ich keine bleibenden Schäden davongetragen habe. Nächstes Mal mache ich den Apotheker unaufgefordert darauf aufmerksam, dass ich ein Magengeschwür habe und noch einen Blutverdünner einnehmen muss. Kann mir der ja nicht ansehen.» Ja, in diesem Fall, lieber Markus Reich, verzichten die Apotheker gerne auf das «Gefrögel». Die sind ja schliesslich auch nicht aus «Dusslikon».
Eine andere Optik hat Marco Diener vom K-Tip. Man weiss zwar nicht, wie er zum «Gefrögel» der Apotheker im allgemeinen steht. Beim Thema Generika jedenfalls konstatiert er skandalöses Schweigen. «Trotz der schönen Worte [des Schweizerischen Apothekerverbands] lassen die Schweizer Apotheker ihre Kunden überhöhte Preise bezahlen», schreibt er im K-Tip Nr. 7 vom 5. April 2006. «Das zeigt eine K-Tipp-Stichprobe in 50 Apotheken in Basel, Bern, Biel, Luzern und Thun. Ergebnis: Nur in fünf Apotheken schlugen die Angestellten von sich aus ein Generikum vor.»
Kurze und bündige Antwort, lieber Marco Diener: Warum sollten das die Apotheker tun? Es geht um den Kauf einer Packung Panadol! Das ist ein freiverkäufliches Schmerzmittel, das von der Krankenkasse nicht bezahlt wird. Es besteht absolut keine Verpflichtung, dass ein Apotheker im Selbstmedikationsbereich dem unmissverständlich geäusserten Wunsch eines Kunden nach Panadol widersprechen sollte. Und dies erst noch zum eigenen Nachteil. Bei den freiverkäuflichen Medikamenten lebt der Apotheker nämlich nach wie vor von seiner Marge. Wie jeder Confiseur auch. Würde der Ihnen eine Tafel Schokolade anbieten, wenn Sie Truffes du Jour verlangen? Mit dem gütigen Hinweis, das sei fast so gut, aber viel billiger? Solches, lieber Marco Diener, kann nicht Ihr Ernst sein.
Generika sind – auch wenn das in der Marketingsprache der Generika-Hersteller nicht mehr so formuliert wird – Nachahmerprodukte von Medikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist. Das heisst, Generika enthalten ausschliesslich Wirkstoffe, die seit 15 oder mehr Jahren auf dem Markt sind. Wer ein Generikum haben möchte, soll seinen Wunsch äussern. Das ist nicht zuviel verlangt von den viel gepriesenen «mündigen» Konsumentinnen und Konsumenten. Und K-Tip-Leserinnen und –Leser sind ja hoffentlich auch nicht aus «Dusslikon», oder?
Wenn Sie sich unbedingt über etwas aufregen wollen im Zusammenhang mit Medikamenten, lieber Marco Diener, warum nicht für einmal zum Beispiel darüber, dass die Versandhandelsapotheke zur Rose den Ärzten für jedes übermittelte Rezept einen Fünfliber zahlt? Da gäbe es einiges zu fragen. Zum Beispiel: Werden da wirklich nur Rezepte für unbedingt notwendige Medikamente übermittelt? Wie verträgt sich ein solches System mit dem in vielen Kantonen gültigen Selbstdispensationsverbot? Und wer bezahlt letztlich diesen Fünfliber? Doch wohl hoffentlich nicht die Krankenkassen!
18.4.2006

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