Informiert im Gesundheitswesen

Der Patient als Cash Cow

Wo immer im Gesundheitswesen Strukturen gestrafft werden sollen, heisst es schnell «Leistungsabbau», «Medizin nur noch für die Reichen», «Zweiklassenmedizin». Man gewinnt bei jedem noch so kleinen Schritt in Richtung etwas mehr Eigenverantwortung der Patienten den Eindruck, es würde gleich die gesamte medizinische Versorgung abgeschafft. Möglicherweise droht das Ungemach aber mindestens so sehr von der anderen Seite, der Überbehandlung. In der Schweiz soll es laut Berichten im Tages-Anzeiger und im Bund vom 2. Juli mehrere Hausarztpraxen geben, die Unternehmen gehören, welche die Ärzte im Anstellungsverhältnis beschäftigen und ihnen Umsatzvorgaben machen. Und wie erreichen die ärztlichen Angestellten die Umsatzziele? Ganz einfach, sie bestellen die Patienten zwei, drei Mal mehr als nötig zur Nachkontrolle, machen da und dort noch eine kleine Untersuchung und ordnen ein bisschen mehr Therapie an als es die evidenzbasierte Medizin verlangen würde. Und – besonders einfach – man verkauft ein paar Medikamente mehr als nötig. Dank SD alles kein Problem.

Nachzuweisen sind solche Praktiken natürlich schwer. Bei Santésuisse schrillen aber offenbar die Alarmglocken, denn wenn solche Geschäftsmodelle sich ausbreiten, wird es sehr teuer. Das müsste eigentlich auch die Patienten aufschrecken. Die hohen Kosten sind das eine. Aber dazu auch noch als Cash Cow herhalten zu müssen, an der man herumdoktert, bis die Zahlen stimmen, kann definitiv nicht im Sinne der Versicherten sein. Mit der Abschaffung der SD wäre zumindest eine Versuchung, Patienten überzutherapieren, um irgendwelche Umsatzziele zu erreichen, vom Tisch.

2. Juli 2012

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