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Das alljährliche Zahlengeheu der Santésuisse

Santésuisse lud am 26. Oktober zu einer Medienkonferenz. Die Botschaft ist dieselbe wie immer: Die Medikamentenmargen sind zu hoch. Dann folgen ein paar astronomische Zahlen, die niemand nachvollziehen kann, die aber jedem Journalisten exakt die Schlagzeile liefern, die er ohnehin bereits in seinen Laptop gehackt hat, weil die Botschaft von Anfang an klar war. Da rechnet Santésuisse zum Beispiel vor, von den 4.7 Milliarden Franken, die die Krankenkassen für verschreibungspflichtige Medikamente ausgeben, würden 1.2 Milliarden in den Handel fliessen. Und da ist, immer laut Santésuisse, natürlich jeder Franken zu viel. Flugs taucht in der Medienmitteilung ein Betrag von 410 Millionen Franken auf, woher wissen die Götter, und dieser Betrag sind die 2.1 Prozent der Prämien – so der gedankliche Kurzschluss –, die man eigentlich einsparen könnte.

Mit anderen Worten, bei Santésuisse empfindet man offenbar den Handel als lästigen Kostenträger, den man eigentlich gar nicht braucht. Interessant. Wie bitte soll denn ohne Handel die Feinverteilung der Medikamente erfolgen? Wie soll denn jeder Patient jederzeit an seinem Wohnort zu exakt jenem Medikament kommen, das er braucht? Warum nicht gleich alle Medikamente als lästigen Kostenträger wegfegen?

Mit Verlaub, die Zahlen, die Santésuisse da verbreitet, sind ein Affront und nichts anderes als billige Effekthascherei. 1.2 Milliarden Franken entsprechen 25 Prozent der Kosten, die die Krankenkassen für verschreibungspflichtige Medikamente insgesamt ausgeben. Das sind 25 Prozent Marge, mit denen zwei Vertriebskanäle, nämlich sowohl der Grosshandel als der Detailhandel auskommen müssen. Ja, was glauben diese Verbandsfunktionäre eigentlich, wovon der Detailhandel leben soll? Und was glauben sie, sollen hierzulande Fachleute verdienen? Eine Pharma-Assistentin erhält in der Schweiz so viel Lohn wie in Frankreich ein Apotheker. Das kann man gerechtfertigt finden oder nicht. Tatsache bleibt, dass Fachleute gesucht sind und die Löhne in der Schweiz generell hoch sind. (Wäre interessant zu erfahren, was denn im Ausland ein Kassenfunktionär verdient!)

Und dann kommt der ziemlich durchsichtige Vorschlag, man müsste den Ärzten die Marge mehr kürzen als den Apothekern. Letztere ködert man mit folgendem Satz: «Die Annäherung der Handelsmargen der Apotheker an das europäische Niveau kann abgefedert werden, indem den Apothekern mehr Leistungen im Rahmen der Grundversicherung übertragen werden, wie etwa die Betreuung chronisch Kranker.» Ach ja? Und diese Betreuung sollen die Apotheker wohl gratis erbringen, oder wie?

Aber bei Santésuisse weiss man sehr genau, dass man die Apotheker noch ein bisschen bei Laune halten muss, bevor man ihnen die Marge definitiv zusammenstreicht. Man empört sich also zuerst einmal über die Marge der Ärzte. Das freut die Apotheker, weil ihnen die SD schon lange ein Dorn im Auge ist, und wer weiss, vielleicht tappen sie ja in die Falle, und unterstützen die Krankenkassen bei ihren Bestrebungen. Doch es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Sobald die Marge beim SD-Arzt heruntergeschraubt ist, sind die Krankenkassen die ersten, die ihre Versicherten mit gross angelegten Werbekampagnen dazu nötigen, die Medikamente beim Arzt zu beziehen, weil sie dort billiger seien. Wer es nicht glaubt, erinnere sich an die Briefe, die die Versicherten bezüglich Medikamentenbezug bei Mediservice und Sunstore erhalten.

http://www.santesuisse.ch/de/dyn_output.html?content.vcid=6&content.cdid=35955&sess_contentonly=

26.Otkober 2012

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