Im Tages-Anzeiger vom 30. Mai wittert ein Journalist Unheil betreffend elektronischem Rezept und schreibt sehr kritisch über das Pilotprojekt, das demnächst im Kanton Aargau gestartet werden soll. Der Journalist zeichnet das Bild von Hackern, die sich auf heikle Daten stürzen, bezichtigt die beteiligten IT-Unternehmen, Daten zu sammeln, die dann von der Pharmaindustrie missbraucht werden könnten, und behauptet rundweg, es gehe nicht um Patientensicherheit, sondern vor allem um finanzielle Interessen. Das Übliche, was man von den Medien zu hören bekommt. In einem Punkt jedoch muss man dem Journalisten recht geben. Es ist stossend, wenn der Arzt für jedes Rezept eine Vergütung erhalten soll. Dies setzt falsche Anreize. Seltsam nur, dass sich noch kaum je ein Journalist darüber aufgeregt hat, dass «Zur Rose» exakt dieses Anreizsystem seit Jahren praktiziert. Wo ist die Zeitung, in der man einen kritischen Artikel darüber lesen kann, dass Zur Rose nicht nur den Ärzten Vergütungen pro Rezept und Kick-Backs bezahlt, sondern auch die Praxisassistentinnen mit Belohnungen ködert, wenn sie Patienten dazu zu überreden, ihre Medikamente über Zur Rose zu beziehen? Warum kein Wort in den Medien, dass mit diesem System das Recht der Patienten auf freie Apothekenwahl mit Füssen getreten wird, warum keine Silbe über die unheilvolle finanzielle Verflechtung von Arzt und Versandhändler, warum kein Ton dazu, dass Zur Rose routinemässig Rezepte einfach nachschiebt, wo sie der Gesetzgeber eigentlich als Vorbedingung für die Bestellung verlangt? Warum nur sind in den Redaktionsstuben scheinbar alle auf diesem Auge blind?
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2. Juni 2014
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