Es gibt tatsächlich noch Journalisten, die nicht einfach nur blind dem Mainstream hinterherschreiben. Richard Etienne, Redaktor bei der Tribune de Genève, veröffentlichte kürzlich ein lesenswertes Editorial zum Thema Medikamentenpreise. Er rechnete vor, dass bei unserer hohen Lebenserwartung jeder von uns zehn bis vierzehn Jahre des Lebens an einer Krankheit oder einer Behinderung leidet. Vor diesem Hintergrund sei es bemerkenswert, dass immer mehr Apotheken, obwohl sie wichtige Anlaufstellen in der Gesundheitsversorgung seien, an den Rand ihrer Existenz getrieben werden. Grund dafür seien die Vorschriften zur Abgabe von immer mehr Generika und der Druck auf die Medikamentenpreise aus Bern. Die Apotheken müssten zunehmend auf andere Gebiete ausweichen, um überhaupt noch überleben zu können. Die Gesellschaft verliere dadurch wichtige Partner im Gesundheitswesen. Und dennoch drücke Bundesrat Alain Berset weiter die Medikamentenpreise nach unten statt sich um die wahren Kostenblöcke zu kümmern. In einem weiteren Artikel (siehe Link) rechnet er vor, dass der SP-Bundesrat in seiner dreijährigen Amtszeit die Preise um 20 Prozent gesenkt habe. Das sei so viel wie Ruth Dreifuss, Pascal Couchepin und Didier Burkhalter während ihrer insgesamt 15-jährigen Amtszeit angeordnet hätten. Insbesondere für unabhängige Apotheken sei diese Entwicklung sehr problematisch.
Gut, dass endlich einmal ein Journalist einen differenzierten Blick auf die einseitige Preisdrückerei bei den Medikamenten wirft. Es wäre an der Zeit, dass Herr Berset dort hinschaut und Druck macht, wo die wahren Probleme liegen, statt wie ein Boulevardreporter nur publikumswirksame Schlagzeilen zu produzieren.
Beratungsresistent zeigt sich der Gesundheitsminister auch bezüglich Billigstpreis bei Generika. Diese massive Verschlechterung in der Medikamentenversorgung will er entgegen aller nachweisbaren Probleme durchdrücken. Der einzige, der Bersets Vorschlag gut findet, ist – Sie haben es erraten – der Preisüberwacher. Für den zählt bekanntlich bei allem nur der Preis. Qualität spielt keine Rolle. Vielleicht sollten wir uns überlegen, auch beim Preisüberwacher in Zukunft nur noch den Billigsten zu nehmen. Qualität spielt ja, ähm, naja, Sie wissen schon.
26. September 2014
Foto © alphaspirit – Fotolia.com