Informiert im Gesundheitswesen

Medizinisch begründet oder umsatzgetrieben?

Tedious waiting in the hospital corridor

Statistiken zeigen in manchen Kantonen eine Häufung bestimmter Operationen, die kaum mit rein medizinischen Gründen erklärt werden können. Man fragt sich dann, wie das passieren kann. Patienten legen sich ja schliesslich nicht ohne weiteres auf den OP-Tisch. Jeder Eingriff bedeutet immer auch ein Risiko, ist mit einer mehr oder weniger mühevollen Genesungsphase verbunden und bedeutet unter Umständen einen markanten Einschnitt in das Alltagsleben. Und doch lassen sich offensichtlich viele Patienten überzeugen. Sie vertrauen der Diagnose des Arztes, und so offensichtlich ist es für den Laien nicht, zu beurteilen, was medizinisch notwendig ist und was nicht.

Hier die wahre Geschichte eines Patienten (Name der Redaktion bekannt), den wir Hans nennen wollen. Hans erhält mit 63 die Diagnose Hirntumor. Inoperabel. Der Tumor sitzt zu tief im Gehirn. Es folgen zwei Jahre mit Bestrahlung und Chemotherapie. Dann der ernüchternde Bescheid: Der Tumor wächst trotz der Behandlung. Die Ärzte raten Hans, seine an verschiedenen Orten verstreute Verwandtschaft noch einmal zu besuchen, so lange er noch reisen könne. Mehr als einige Monate Lebenszeit geben sie ihm nicht mehr. Tatsächlich geht es Hans zunehmend schlechter. Er bekommt Lähmungen, kann sich kaum noch auf den Beinen halten, braucht einen Rollator, um sich von einem Zimmer ins andere begeben zu können. Die meiste Zeit sitzt er apathisch in einer Ecke, bringt kaum noch die Kraft auf, am Familienleben teilzunehmen. Das Ende naht. Eines Tages stürzt Hans, weil seine kraftlose Hand vom Griff des Rollators gleitet. Diagnose Oberschenkelhalsbruch. Die bestehende Tumordiagnose ist den behandelnden Ärzten bekannt. Im Spital wird der Ehefrau gesagt, man müsse ein künstliches Gelenk einsetzen, sonst könne ihr Mann Zeit seines Lebens nie mehr gehen. Hans wird als Notfall behandelt und sofort operiert. Die Ehefrau ist überrumpelt, hat Angst um ihren Mann und vertraut letztlich dem Urteil der Ärzte, dass die Operation notwendig sei. In die Reha wird Hans nicht mehr geschickt. Das sagen ihm die Ärzte zwei Tage nach der Operation am Krankenbett. Grund: Wegen seines weit fortgeschrittenen Hirntumors wird Hans so oder so nie mehr aus eigener Kraft gehen können.

Zwei Monate später stirbt Hans an seinem Hirntumor. Zu Hause, denn im Spital gab es keinen Platz mehr für ihn. Normalerweise sind Patienten mit Gelenkprothesen nach ein paar Tagen in der Reha. Weil diese für Hans nicht mehr vorgesehen ist, wird er nach Hause entlassen. Seine Frau pflegt ihn bis zu seinem Tod, löffelt ihm die pürierten Mahlzeiten ein, weil er kaum mehr schlucken kann, beruhigt ihn, wenn er von einem tumorbedingten epileptischen Anfall geschüttelt wird und sitzt auch sonst oft bei ihm, um ihm seine letzten Tage so erträglich wie möglich zu machen.

War die Operation wirklich medizinisch begründet und schonend für den Patienten? Oder doch eher umsatzgetrieben mit einem Bonuspunkt für den Arzt, der die Hüftprothesen-OP vorgenommen hat?

14. Dezember 2015

Foto © sudok1 Fotolia.com

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