Das Kantonsspital Winterthur will direkt neben dem Zürcher Einkaufszentrum Glatt, dem umsatzstärksten Einkaufszentrum der Schweiz, ein Fachärztezentrum einrichten. Zehn bis fünfzehn Fachärzte sollen dort auf Kundenfang gehen. Man wolle am «Rande des eigenen Einzugsgebietes neue Patientinnen und Patienten für eine Weiterbehandlung in Winterthur gewinnen», heisst es dazu im Tages-Anzeiger vom 28. Juni. Kritiker werfen dem KSW vor, sie würden das Angebot an Fachärzten aufblähen, was aber tatsächlich fehle, seien Hausärzte. Dem kann man nur zustimmen. Zwar ist der strategische Entscheid nachvollziehbar, aber die Tendenz, dass Spitäler ihre Fangarme zunehmend in andere Bereiche ausstrecken und Notfallpraxen, Facharztangebote und Apotheken angliedern, ist problematisch. Man gebe noch eine Prise Ärzteboni dazu, und die kostenexplosive Mischung ist angerührt. Wenn nämlich das Ziel dieser Konsumentennähe ist, Kunden fürs Kantonsspital zu gewinnen, dann müssen sich die Versicherten und damit wir alle ernsthaft fragen, wie evidenzbasiert der Behandlungsvorschlag des Arztes ist. Die Begründung, das Angebot an Fachärzten sei «in dieser Region dünn», wirkt ziemlich weit hergeholt. Wir sprechen von der mit Strassen und öffentlichem Verkehr bestens erschlossenen Gemeinde Wallisellen, die direkt an die Stadt Zürich angrenzt. Hier von mangelndem Fachärzteangebot zu sprechen, entbehrt nun wirklich jeder Grundlage.
Zum Nachrechnen: Mit Preisreduktionen auf Medikamenten von 2 Franken auf 1.50 Franken macht man die Kosten für solche prämienfressenden Kundenfanginstitutionen nie und nimmer wett. Es ist an der Zeit, dass sich die Politik den echten Problemen widmet. Sie befinden sich zum Beispiel in Wallisellen.
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/das-kantonsspital-winterthur-expandiert-in-richtung-zuerich/story/13700477
28. Juni 2016
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