Der Kassensturz vom 28. Februar und der Club am selben Abend befasste sich mit den exorbitanten Preisen für Krebsmedikamente und andere Arzneimittel im Hochpreissegment. Die Diskussion ist interessant. Sie zeigt, wie wenig Spielraum dem BAG und den Krankenkassen bleibt, wenn gleichzeitig der Druck von Patienten kommt, denen ein Medikament wegen der hohen Kosten möglicherweise verweigert wird. Und dieser Druck wird von der Pharmaindustrie und auch von den mitverdienenden Spitälern noch erhöht. Es gehe nicht an, Patienten eine Therapie zu verweigern. Ausserdem sei der Nutzen neuer Medikamente hoch und wichtig für die hohe Qualität unseres Gesundheitswesens.
Dass der Nutzen tatsächlich so viel grösser sei, war in der Diskussion nicht unumstritten. Vor allem aber warfen die Diskussionsteilnehmer der Pharmaindustrie vor, die Hoffnung von krebskranken Patienten schamlos auszunutzen, um ihre astronomischen Preise durchzusetzen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die Kosten für Krebsmedikamente zu Lasten der Grundversicherung stiegen von 213 Millionen Franken im Jahr 2007 auf 636 Millionen Franken im Jahr 2016.
Über andere Hochpreismedikamente wurde in den Sendungen nicht gesprochen. Aber auch da steigen die Kosten weit überproportional. Der Anteil solcher hochpreisigen neuen Medikamente an den Gesamtkosten in der Grundversicherung wird in absehbarer Zeit jegliche Grenzen einer sozialverträglichen Finanzierung sprengen. Die Argumentation von Seiten der Pharmaindustrie ähnelt jener über die astronomischen Managerlöhne. Es werden irgendwelche schwammigen Argumente angeführt, die niemand versteht, die jedoch suggerieren, der Normalbürger blicke halt nicht ganz durch, es habe aber alles seine gute Ordnung und diene letztlich dem Wohl aller.
Das Fatale an der Kritik an den exorbitanten Preisen für hochpreisige Medikamente für einige wenige Indikationen ist die fehlende Differenzierung. Längst nicht alle Medikamentenpreise sind hoch. Die Mehrzahl der gängigen Spezialitäten bewegt sich in einem verträglichen Rahmen, ja sind in vielen Bereichen sogar so tief, dass Produkte vom Markt verschwinden, weil deren Herstellung schlicht nicht mehr rentiert. Und ähnlich wie bei der Debatte über die Managerlöhne wird auch bei den Medikamentenpreisen alles über einen Leisten geschlagen. Jeder Chef eines KMU hat heute das Image des Abzockers. Die echten Raffzähne, die Vasellas, die den Hals nicht voll kriegen, sitzen derweil in ihren Villen und kümmern sich nicht um den politischen Scherbenhaufen, den sie hinterlassen haben. Genau das passiert nun bei den Medikamentenpreisen. Die Pharmaindustrie setzt ihre schamlosen Hochpreise für Krebsmedikamente und ähnliches durch, ohne sich um den Rest des Gesundheitssystems zu kümmern. Derweil üben Gesundheitsminister, Preisüberwacher und Kassenvertreter weiterhin dort Druck auf die Preise aus, wo sie können: bei den tiefpreisigen Medikamenten. Man muss ja schliesslich zeigen, dass man die Dinge im Griff hat. Dass dabei bewährte Wirkstoffe vom Markt gedrängt, die Vertriebskanäle langfristig ruiniert und der Mehrheit der Versicherten Schaden zugefügt wird, verdrängen sie, und es ist zu befürchten, dass sich an dieser fatalen Entwicklung nichts ändert.
1. März 2017
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