Man kann verstehen, dass sich der Leiter der Kantonsapotheke Zürich freut. Er bezieht einen nigelnagelneuen Bau in Schlieren, den die Gewerbe- und Handelszentrum Schlieren AG erstellt hat und dem Kanton nun zu einem jährlichen Mietzins von 4,9 Millionen Franken vermietet. 15,7 Millionen Franken hat der Kanton einmalig in das neue Gebäude investiert für neue Gerätschaften. Wenn der Vollbetrieb der Kantonsapotheke im Herbst startet, arbeiten auf den 9300 Quadratmetern Fläche 80 Mitarbeiter. Im Winterthurer Regionalblatt Der Landbote wird das Projekt präsentiert als Spitalapotheke des Unispitals Zürich und des Kantonsspitals Winterthur sowie als «Belieferin und Beraterin weiterer Spitäler im und ausserhalb des Kantons». Ausserdem müsse die Kantonsapotheke, die bis 2019 in eine eigenständige AG umgewandelt werden soll, «sicherstellen, dass der Kanton auch in Notlagen mit den wichtigsten Heilmitteln versorgt ist – damit ergänzt sie auf kantonaler Ebene, wofür die Armeeapotheke auf nationaler Ebene zuständig ist.»
Kein Wort davon, dass im Kanton Zürich auch noch rund 240 öffentliche Apotheken, verteilt über das ganze Kantonsgebiet, existieren. Und natürlich auch kein Gedanke dazu, dass sie die Bevölkerung in einer Notsituation wahrscheinlich schneller und effizienter mit Medikamenten versorgen könnten als die Kantonsapotheke. Die Aufgabe und Bedeutung der Kantonsapotheke soll nicht geschmälert werden, aber es ist immer wieder stossend, wie die öffentliche Hand millionenteure Bauten erstellt, sie dann in Quasi-Unternehmen umwandelt und dabei die Leistung der Privatwirtschaft nicht nur ignoriert, sondern zunehmend auch in Konkurrenz zur ihr tritt. Man erinnere sich an das logistische Debakel im Zusammenhang mit der Schweine- bzw- Vogelgrippe vor einigen Jahren. Da glaubte der Bund auch, er müsse das Rad selbst erfinden, und beauftragte die Kantone, Logistikkonzepte für die Verteilung von Tamiflu an die Bevölkerung zu entwickeln. Zum Glück kam die Grippepandemie nicht. Für die Stadt Zürich wäre damals die Kantonsapotheke zuständig gewesen als Abgabestelle. Es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, welches Verkehrschaos entstanden wäre, wenn auch nur ein Teil der mehr als 360‘000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt zur Kantonsapotheke geströmt wäre. Wie viel einfacher und mit Sicherheit auch kostengünstiger wäre es gewesen, die Apotheken einzubeziehen, deren Logistik seit Jahrzehnten hervorragend funktioniert und die in den Quartieren bestens hätten Grippemittel abgeben können, auch wenn es bei dem zu erwartenden Ansturm sicherlich auch dort etwas chaotisch zu und hergegangen wäre.
In dieselbe Kategorie gehören die zunehmend zu öffentlichen Apotheken ausgebauten gewöhnlichen Spitalapotheken, die alle Vorteile einer von der öffentlichen Hand betriebenen Institution geniessen, aber ungehemmt in Konkurrenz zu den bestehenden privaten Apotheken treten. Das ist stossend und trägt sicher nicht zur Kostendämpfung bei. Mehr als 100 Quadratmeter Fläche pro Mitarbeiter wie die Kantonsapotheke Zürich kann sich eine private Apotheke jedenfalls nicht leisten.
http://www.kantonsapotheke.zh.ch/internet/gesundheitsdirektion/kaz/de/home.html
13. März 2017
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