Informiert im Gesundheitswesen

Gesundheitskosten: Die weltfremde Truppe des Gesundheitsministers

Die Medienkonferenz des Bundesrates vom 25. Oktober und die Medienmitteilung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates vom 14. Oktober zeigen es deutlich: Die bisherigen Massnahmen zur Eindämmung der Kostenexplosion im Gesundheitswesen laufen ins Leere. Bundesrat Berset wirkt wie jemand, der versucht, den Deckel auf einen siedend heissen Dampfkochtopf zu pressen. Es gelingt nicht, weil die Kräfte viel zu gross sind. Doch statt die Herdplatte zurückzudrehen, versuchen weiterhin alle, den Dampfkochtopf zu bändigen. Auch die von Alain Berset eingesetzte «Expertengruppe» fokussiert in ihrem Bericht (1) vor allem auf den Deckel. Der soll nun das Mass aller Dinge werden.

Auch dieser Versuch wird scheitern, denn der Ansatz liegt in der Herdplatte, und das sind die Versicherten. Sie müssen lernen, nicht gleich bei jedem Bobo in die Notfallstation des nächsten Spitals zu rennen, sich die Medikamente für die Ferienapotheke vom Arzt verschreiben zu lassen, ungehindert von Arztpraxis zu Arztpraxis zu pilgern und sich aus dem übergrossen Katalog der Pflichtleistungen frei zu bedienen. Da muss der Hebel angesetzt werden. Die Krankenversicherung muss wieder zu dem werden, was sie ursprünglich sein sollte: eine Versicherung, die dafür sorgt, dass niemand wegen Krankheit in den finanziellen Ruin getrieben wird.

Eine Studie von einem Regierungsamt der USA (2) zeigt, dass 5 Prozent der Patienten fast 50 Prozent der Kosten verursachen. Die überwiegende Mehrheit von 80 Prozent der Patienten beanspruchen dagegen weniger als 8 Prozent. Das sind amerikanische Zahlen. Sie geben aber einen guten Hinweis, auf welchen Bereich der Fokus auch bei uns gerichtet werden müsste.

Laut dem Bericht der vom Bundesrat eingesetzten Expertengruppe lagen die Gesamtausgaben für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) im Jahr 2015 bei 27.5 Milliarden Franken. Unter der Annahme, dass 80 Prozent der Versicherten 8 Prozent davon beanspruchen, heisst das, dass die Krankenkassen für 6,72 Millionen Versicherte lediglich 2,2 Milliarden Franken ausgeben.

Wenn Sparmassnahmen greifen sollen, muss ein für alle Mal die Betreuung jener 5 Prozent der Patienten, die 50 Prozent der Kosten verursachen, optimiert werden. Da gibt es sofort umsetzbare Massnahmen, die ohne jegliche Qualitätseinbusse helfen, Kosten zu sparen:

  • Es braucht ein geteiltes elektronisches Patientendossier, in das alle involvierten Leistungserbringer Einsicht haben. Damit könnten nicht nur teure Doppelspurigkeiten verhindert werden. Das ergänzende Fachwissen der Leistungserbringer könnte auch genutzt werden, um die Therapie zu optimieren und qualitativ zu verbessern.
  • Es müsste ein Casemanagement-Team, bestehend aus je einem Verantwortlichen für Medizin, Medikamente und Pflege, geben. Dafür braucht es kein zusätzliches Personal. Das Team rekrutiert sich aus den Leistungserbringern. Sparpotential 15 bis 20 Prozent. Das entspricht 4.5 Milliarden Franken, die bei der OKP ohne jegliche Qualitätseinbusse eingespart werden könnten.

Die nachgewiesene Überversorgung ist eines der grossen Probleme, denen Einhalt geboten werden muss. Jede überflüssige Operation, die nur des (Spital-)Umsatzes wegen vorgenommen wird, kostet zehntausende Franken. Da wirkt es ziemlich weltfremd, wenn BAG, Gesundheitsminister, Preisüberwacher und Konsumentenschützer weiterhin ihr Mantra von den angeblich viel zu teuren Generika herunterbeten. Die wahren Probleme liegen bei den Spitalkosten, dem unkontrollierten Zugang zu teuren Notfallstellen, der medizinischen Überversorgung und den übermässigen Administrationskosten der Krankenkassen. Diese sind doppelt so hoch wie die gesamten Vergütungen an die Apotheken! Man sollten von einer vom Bundesrat eingesetzten Expertengruppe erwarten dürfen, dass sie eine ganzheitliche Sicht an den Tag legt und sich nicht mit realitätsfernen, oberflächlichen, einseitig zu Lasten der Apotheker gehenden Vorschlägen begnügt, die nichts zur Problemlösung beitragen.

Link Bericht Expertengruppe:

https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/50084.pdf

(1)   Link Medicaid “A Small Share of Enrollees Consistently Accounted for a Large Share of Expenditures”:

http://www.gao.gov/assets/680/670112.pdf

Foto © alephnull Fotolia.com

 

 

 

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