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Generika: Santésuisse und Preisüberwacher erwachet!

Santésuisse und Preisüberwacher posaunen seit Jahren immer wieder dasselbe: Generika seien in der Schweiz mindestens doppelt so teuer wie im Ausland. Man könne hundaerte von Millionen damit einsparen. Der Rede ist von «Fr. 388 bis 808 Mio» (Präsentation Santésuisse, Verena Nold, Folie 11, vom 06.04.2017)   Und was machen die Medien? Sie übernehmen die Pressemitteilungen ohne auch nur einmal die ihnen vorgesetzten Zahlen und Behauptungen unter die Lupe zu nehmen, sie zu hinterfragen und die einzelnen Faktoren nach ihrer Plausibilität zu überprüfen.

Fakt ist: Schweizer Löhne, Schweizer Mieten, Schweizer Versicherungen, Schweizer Dienstleistungen etc.  sind höher als im Ausland. Siehe dazu die Beiträge in 3-min.info «M wie Marge – Migros und Coop für mich und für dich» vom 4. März 2017 sowie «Die Illusionen von Santésuisse und Preisüberwacher» vom 3. März 2017. Diese Komponenten müssen beim Vergleich der Preise gebührend berücksichtigt werden. Alles andere ist unredlich und reine Effekthascherei.

Auch die Komplexität der Schweiz muss bei einem Vergleich einbezogen werden. Wir haben drei Landessprachen, in welche die Packungstexte und Publikationen auf allen Ebenen – an Ärzte, Apotheker und Publikum – übersetzt und den Zulassungsbehörden unterbreitet werden müssen.

Das Volumen des Marktes ist ein weiterer bedeutender Faktor. Deutschland hat zehn Mal mehr Einwohner als die Schweiz! Das hat einen grossen Einfluss auf die Produktionskosten. Dasselbe gilt für die Registrierung. Die Kosten für das Erstellen eines Registrierungsdossiers eines Generikaproduktes für die Schweiz (8.5 Mio. Einwohner) sind etwa gleich hoch wie für ein entsprechendes EU-Dossier (die EU zählt über 500 Mio. Einwohner).

Gemäss den Träumen von Santésuisse, Preisüberwacher und den (zum Teil selbsternannten) Experten des Berichtes «Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung» kann man mit den Einsparungen bei den Medikamenten (ein Viertel der Vorschläge betreffen diesem Bereich) praktisch den Kostenanstieg in den Griff bekommen und damit unser Gesundheitssystem retten.

Mit realen Verhältnissen und harten Fakten hat das nichts zu tun. Die internationalen operierenden Pharmaunternehmen Novartis, Teva und Sanofi künden zum Teil dramatische Massnahmen im Bereich Generika an:

  • Novartis will sich laut einem Artikel von Reuters vom USA-Generikageschäft trennen. Grund: signifikante Preiserosionen und steigende Kosten bei den Generika.
  • Teva (weltweit die Nr. 1 bei den Generika) hat Anfang Jahr angekündigt, 25% der Mitarbeiter zu entlassen und Fabriken und Niederlassungen zu schliessen. Grund: Preiserosionen machen die Produktion etlicher Produkte zum Verlustgeschäft. Solche Produkte werden ersatzlos gestrichen. Bei anderen will der neue CEO Preiserhöhungen durchsetzen. Herr Preisüberwacher, Sie lesen richtig: Preiserhöhungen! Wer sie nicht akzeptiert, bekommt das Produkt nicht mehr. Das sind die Fakten.
  • Sanofi liess im Februar verlauten, das Unternehmen werde sich von den Generika trennen. Offensichtlich rentiert das Geschäft zu wenig. Recherchen von IFAK zum Verkauf der Sanofi Generika (Zentiva) haben ergeben, dass neben Private Equity Funds auch indische Firmen ein Interesse bekunden. Schweizer Versicherte sollten hoffen, dass das Geschäft europäisch bleibt.

Diese drei Mitteilungen sind kein Zufall, und sie kommen zeitgleich. Im Generikasektor hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt. Der Preisdruck hat die Schmerzgrenze erreicht. Die Grossen der Pharma steigen aus, denn sie verdienen nichts mehr. Beziehungsweise nicht genug, um die westlichen Qualitätsstandards und die geforderte Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Da sie ihre Reputation nicht aufs Spiel setzen wollen, blasen sie den Rückzug.

Interessant ist die Frage, wer Novartis und Sanofi die abgestossenen Sparten abkaufen wird. Laut Recherchen von IFAK stehen indische und chinesische Pharmaunternehmen beim Kauf an vorderster Front. Weshalb? In diesen Ländern sind die Löhne im Vergleich zur Schweiz Hungerlöhne. Und wie steht es mit der Qualität? Laut FDA gibt es gravierende Qualitätsprobleme mit indischen Herstellern.

Auch in China hat die FDA gravierende Mängel festgestellt. Daten wurden gelöscht, Qualitätsberichte gefälscht.

Santésuisse, Preisüberwacher, Experten, BAG und Bundesrat, hört auf zu träumen! Generika sind in der Schweiz vielleicht teurer als im Ausland, dafür haben wir (noch) eine hochstehende Qualität und eine gesicherte Versorgung. Diese Faktoren sollten höher gewichtet werden als die illusorische Einsparung mit einem Festbetragssystem und als Pseudovergleiche mit dem Ausland bei den Generika. Es gibt sicherlich auch in Indien und China hochstehende Qualität und moderne Fabriken, die unseren Qualitätsstandards entsprechen. Neben solchen Vorzeigeobjekten sieht jedoch die Realität anders aus:

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