Wir wollen unseren Lesern heute die ungekürzte Version des Leserbriefes von Claude Houriet, welcher auszugsweise in der NZZ am Sonntag vom 16. September erschienen ist, publizieren.
Link zum Artikel
Leserbrief
von Claude Houriet
Der Artikel „Mia ist krank, aber ihr Medikament kostet 150‘000 Franken – über das Machtspiel der Pharmaindustrie” in der NZZ am Sonntag vom 09.09.18 stimmt nachdenklich.
Politiker, Behörden und Krankenkassen-Funktionäre sollten sich endlich diesem Problem widmen.
Einige Facts zu den teuren Medikamenten (ab Fr. 880 Fabrikabgabepreis). Im Schweizer Kassenpflichtigen SL-Markt sind 0.6% aller verkauften Packungen für 31.1% der Kosten verantwortlich.
Dagegen kosten 63% der verkauften Packungen weniger als Fr. 15 (Fabrikabgabepreis) verursachen aber nur 10.2% der Kosten. Hier wird aber immer wieder der Preis vom Staat gesenkt, so dass es sich oft nicht mehr lohnt die zu verkaufen.
Bei den höchstpreisigen Medikamenten welche Pro Jahr 100‘000. CHF und mehr kosten wird wenig unternommen.
Die Pharma-Industrie argumentiert die hohen Preise mit den Forschungskosten. Drei Beispiele zeigen, dass dies in vielen Fällen aber nicht so ist:
Gilead kauft Pharmasset:
Dieser Deal ist der Beginn der Hochpreisära und kostet im Jahr 2012, $ 11 Mia. Für die Entwicklung des Produkt Sovaldi wurden keine $ 500 Mio. investiert (Teile davon wurden sogar staatlich finanziert). Der Verkaufspreis beträgt $ 84’000 pro Behandlung und so liess sich der Kaufpreis in nur 12 Monaten, alleine durch den Verkauf in den USA, amortisieren.
Novartis übernimmt Avexis:
Avexis hat für die Entwicklung $ 300 Mio. aufgewendet und bei der Börseneinführung $ 95 Mio. eingenommen. Im Jahr 2016 betrug der Börsenwert des Unternehmens schon das 4.5 fache ($ 430 Mio.) Bei der Übernahme durch Novartis im April 2018 wurde 90 mal mehr als bei der Börseneinführung bezahlt und zwar 8.7 Milliarden.
Das hat nichts mit Forschungskosten zu tun. Dies auf Kosten der Prämienzahler.
Vertex Pharmaceuticals:
Die Amerikanische Cystic Fibrosis Foundation hat Ende der 90er Jahre $ 150 Mio. in Vertex Pharmaceuticals gesteckt, um ein Medikament gegen Zystische Fibrose zu entwickeln. 2014 hat die gemeinnützige Gesellschaft ihre Rechte für $ 3.3 Mia. verkauft. Das Nachsehen haben die Patienten, mit überteuertem Medikamentenpreis!
Ich bin der Meinung, dass die Entwicklung neuer Therapien nicht mehr von den Forschungsabteilungen, sondern von den Finanzhaien gesteuert werden. Wir müssen bei den staatlich verfügten Preisen der Medikamente Umdenken. Es kann nicht sein, dass Medikamente für kleinste Patientengruppen, die Finanzierung der Grundversorgung des ganzen Gesundheitssystems gefährden. Im Gegensatz dazu ein Antibiotikum weniger kostet als eine Packung Zigaretten.