Werner Grundlehner schrieb in der NZZ vom 15. Januar einen Kommentar zum Freispruch des «zur Rose»-CEO (3-min.info berichtete) einen Kommentar unter dem Titel pharmaSuisse ruft zur Anarchie auf (Link zum Artikel).
Medien können je nach Berichterstattung ein Thema anheizen oder zur konstruktiven Bearbeitung beitragen. Sie hätten also eine gewisse Verantwortung – jene des differenzierten Journalismus. Sie könnten durch eine gut recherchierte und informative Berichterstattung auf das Thema Einfluss nehmen, sollten dazu aber auch die Argumente beider Seiten gewichten. Der Kommentar in der NZZ ist für uns in dieser Hinsicht eher undifferenziert formuliert. Er weist auf die Rabatte hin und befürwortet den marktwirtschaftlich geprägten Verkauf von Medikamenten, ohne auf die Sicherheitsaspekte einzugehen, welche die Motivation der herrschenden Gesundheitspolitik prägen.
Wir haben einen Leserbrief an Herrn Grundlehner verfasst, welchen wir unseren Lesern hier gerne veröffentlichen möchten:
Leserbrief IFAK Verein
Sehr geehrter Herr Grundlehner
Wir beziehen uns auf Ihren Kommentar in der NZZ vom 15. Januar 2021 zum Freispruch des „Zur Rose“ CEO Walter Oberhänsli. Sie schreiben, dass der Kommentar von pharmaSuisse eine ungeschickte Reaktion eines verärgerten Branchenverbandes sei.
Tatsache ist aber, dass der Versand von rezeptfreien Medikamenten in der Schweiz verboten ist. Tatsache ist auch, dass das Parlament jüngst wieder an diesem Grundsatz festgehalten hat.
Daher unsere Frage: Darf man als Apotheker an der Basis nicht frustriert sein, wenn für grosse Arzneimittelanbieter immer wieder andere Regeln gelten und nicht mit gleichen Ellen gemessen wird?
Die kleinen Apotheken vor Ort müssen sich immer ans Gesetz halten, sie werden des Öfteren gebüsst, weil sie sich strafbar machen, wenn sie nicht freiverkäufliche Produkte ausstellen, wenn sie Produkte nicht richtig anschreiben oder wenn sie die Preisanschreibepflicht nicht 100 % korrekt anwenden. Finden Sie es legitim, wenn ein „Grosser“ das Gesetz umgeht und missachtet? Und keine Konsequenzen zu befürchten hat?
Erstaunlicherweise setzen sich die meisten Journalisten für solche Gross-Unternehmen ein, welche gerne das Gesetz umgehen. Ich erspare mir die Bezeichnungen, welche dann in den Zeitungen zu lesen sind über den Verband oder die Apotheker, welche der Meinung sind, dass es nicht gesund ist und Nebenwirkungen verursacht, wenn Medikamente als normale Ware der Marktwirtschaft ausgesetzt werden. Diese Meinung wird dann meistens als die Verteidigung von Pfründen bezeichnet. Die rechtlichen Hintergründe interessieren nicht, weil damit keine Schlagzeilen zu machen sind.
Löblich in Ihrem Kommentar ist, dass Sie nicht wie andere Berufskollegen die Argumente von Herrn Oberhänsli einfach abschreiben. Aber haben Sie sich schon einmal gefragt, wie die Rabatte der „Zur Rose“ zustande kommen? Auch eine Apotheke vor Ort könnte Rabatte geben, wenn sie dem Kunden vier oder fünf Grosspackungen eines Medikamentes auf einmal verkaufen dürfte. Das wiederum ist richtigerweise durch den Vertrag zwischen den Versicherungen und pharmaSuisse aber verboten. Denn viele dieser Medikamente landen im Abfall. Die Apotheke „Zur Rose“ verschickt systematisch mehrere Grosspackungen auf einmal, um Geld zu sparen. Genau das kommt aber dann in Tat und Wahrheit schlussendlich teurer, selbst wenn Rabatte gegeben werden. Denn nur Medikamente, welche richtig eingenommen werden und nicht im Müll landen, sind kostengünstige Medikamente.
Freundliche Grüsse
Dr. Claus Hysek
Präsident IFAK Verein
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