Am Dienstag gab Alain Berset wieder einmal einen Prämienanstieg bekannt. Diesmal sollen es im Durchschnitt satte 6,6 Prozent für das kommende Jahr sein. Und selbstverständlich ist Kassensturz pünktlich auf die Hiobsbotschaft mit einer Spezialsendung in den Startlöchern. (Link zur Sendung). Interessant: Auf TeleZüri liefern sich im «TalkTäglich» die Vizepräsidentin der Gesundheitskommission des Nationalrates, Barbara Gysi, sowie die santésuisse Direktorin, Verena Nold, und der ehemalige Direktor des BAG, Andreas Faller, einen interessanten, aber fairen Schlagabtausch zum Prämienschock bei den Krankenkassen. (Link zur Sendung)
Die Konsumentensendung Kassensturz hingegen prangert – nichts Neues – als Erstes die Medikamentenkosten an. Und dazu macht sie gleich den nationalen Testkauf in den Apotheken. Ernüchternd sei das Resultat, denn keine einzige Apotheke hat das günstigste Generikum verkauft. Apotheken würden – so das Fazit der Sendung – nicht mithelfen, das Einsparpotential auszuschöpfen. Ist das Glas halb leer oder halb voll?
Wenn es doch nur so einfach wäre. Ist es aber nicht, leider! Dass nicht das günstigste Generikum abgegeben wird, kann viele Gründe haben, zum Beispiel Lieferbereitschaft, Lieferstopp, Dienstleistungen der Lieferanten und so weiter. Davon in der Sendung nur ein kaum hörbarer Ton im Hintergrund. Lieferengpässe als Beispiel, liebe Kassensturzregie, sind heute an der Tagesordnung und stellen die Leistungserbringer vor grosse und aufwändige Herausforderungen in der Suche nach Ersatzprodukten für die Versorgungssicherheit von Herr und Frau Schweizer. Schuld daran ist unter anderem die Billigstmentalität. Denn die Hauptgründe für die Lieferschwierigkeiten sind der steigende Kostendruck und die sinkenden Gewinnmargen. Entsprechend betreffen Lieferengpässe kaum teure Medikamente.
Dass beim Testkauf 90 Prozent der Apotheken Generika verkauft haben, wird dann auch nicht wertgeschätzt vom Kassensturz. Schade, damit helfen die Apotheken sehr wohl mit, das Sparpotential, welches mit Generika erzielt werden kann, auszuschöpfen. Aber klar, treu ihrem Konzept brauchet der Kassensturz für hohe Einschaltquoten einen Sündenbock. Und dafür kann man gut während einem Viertel der gesamten Sendezeit auf den Apotheken herumpochen. Wer will schon Differenzierung und sachliche Berichterstattung?
Zur besseren Illustration, auf welchen Teil sich der Kassensturz bei den Gesundheitskosten fokussiert, diese einfache, nachvollziehbare Rechnung: Würden die Gesamtkosten des Gesundheitswesens 100 Franken betragen, dann würden die Kosten der Medikamente, um die es in der Sendung geht, davon 3.15 Franken ausmachen. Das Einsparpotential, welches man mit einer konsequenten Abgabe des jeweils billigsten Produktes erreichen könnte, wäre weniger als einen Franken. Als Folge davon würden aber noch mehr Lieferengpässe provoziert und weitere Unannehmlichkeiten, die wiederum höhere Kosten zur Folge haben.
Und trotzdem spielt die Tatsache, dass das ganz grosse Einsparpotential gar nicht bei den Generika liegt, nur eine Nebenrolle. Den grössten Anteil an den Medikamentenkosten machen ein paar wenige hochpreisige Medikamente aus. Dieser Anteil an den Gesamtkosten in der Grundversicherung sprengt mittlerweile die Grenze einer sozialverträglichen Finanzierung. Hier liegen die Kostentreiber und da müsste nachhaltig Einfluss auf die Preisgestaltung genommen werden. Nur lassen sich die erfolgslosen Taten von Gesundheitsminister, Preisüberwacher, BAG und Krankenkassenverbänden in diesem Bereich nicht vermarkten. Deshalb fokussieren die sich lieber darauf, konsequent da Druck auf die Preise ausüben, wo man kann: bei den tiefpreisigen Medikamenten. Ungeachtet, dass diese nicht die Kostentreiber sind und ungeachtet der Gefährdung der Versorgungssicherheit der Schweizer. Man mixe dann noch einen tendenziösen Auslandpreisvergleich hinzu und fertig ist das perfekte Eigenmarketing, mit dem man bei der Bevölkerung zeigen kann, dass man die Dinge im Griff hat.
Und diese Tausendsassa-Taktik, rechtfertigt sie auch die Gehälter der Krankenkassenbosse und Co.? Gemäss Frau Nold, Direktorin von santésuisse, bringen Einsparungen bei den Managerlöhnen der Krankenversicherer nicht viel. Bei den Generikapreisen auch nicht, Frau Nold. Interessant wäre trotzdem, was sie von einem Ausland-Lohnvergleich mit den Amtskollegen ennet der Grenze halten würde und auch spannend: würden Frau Nold und ihre Krankenkassen CEOs mit den Löhnen ihrer Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland zufrieden sein?
Das wäre doch auch mal ein Thema für eine Spezialsendung von Kassensturz? Abrunden könnte man diese dann noch mit der Frage, ob denn die von den Krankenkassen gebildeten Reserven, welche aktuell über dem gesetzlich vorgeschriebenen Minimum liegen, nicht dafür da wären, Prämienanstiege in diesem Ausmass abzufedern? Letztendlich sind diese Reserven zu viel eingenommene Prämien. Laut Frau Nold wäre das aber Pflästerlipolitik. Ihre Billigstpreispolitik leider auch, Frau Nold!
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